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© NVA-Interessengemeinschaft Halle/Saale - Regionalgruppe „Hermann Vogt“
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Russland - Klargestellt! Beiträge zur aktuelle Situation im wiederauflebenden Ost-West Konflikt „Der russische Bär in der Weltgeschichte“ Teil 1    Teil 2 recherchiert von Thomas Engelhardt, Major der NVA
An dieser Stelle sei ein kurzer historischer Seitausfallschritt gestattet. Zu Beginn des letzten Jahrhunderts gewann eine neue Kunstform zunehmend an Bedeutung - die Karikatur. Nicht von ungefähr, war sie doch gerade in den politischen und sozialen Auseinandersetzungen geeignet, mit den Formen der bildlichen Sprache komplexe Zusammenhänge einfach und (auch für Ungebildete- Analphabeten) nachvollziehbar darzustellen. Typisches Beispiel ist der „Simpliccismus“. Seit der Ausgabe am 17. August 1914 als Propagandainstrument auf der reichsdeutschen Seite installiert, taucht hier der russische Bär als wohl am Häufigsten verwendetes Tiermotiv auf und ist seine Verwendung und Darstellung historisches Spiegelbild einer sich rasant veränderten Zeit bis hin zum russischen Bürgerkrieg
„Wissen Sie, auf dem »Valdai Club« habe ich das Beispiel unseres bekanntesten Symbols gegeben. Es ist ein Bär, der seine Taiga verteidigt. Sehen Sie, wenn wir die Analogie fortführen, so kommt mir selbst manchmal der Gedanke, dass es vielleicht am besten wäre, wenn unser Bär nur still dasitzen würde. Vielleicht sollte er damit aufhören Ferkel und Eber durch die Taiga zu jagen, und stattdessen damit anfangen sich von Beeren und Honig zu ernähren. Vielleicht würde er dann in Ruhe gelassen werden. Aber Nein, würde er nicht! Weil sie immer versuchen werden, ihn in Ketten zu legen. Sobald es geglückt ist, ihn in Ketten zu legen, werden sie ihm seine Zähne und Klauen ausreißen. […] Und dann, wenn alle Zähne und Klauen ausgerissen sind, wird der Bär vollkommen nutzlos sein. Vielleicht werden sie ihn ausstopfen und das war’s.“ Wladimir Putin, 10. Jahrespressekonferenz,18.12.2014
Arnold, Karl: Das Selbstbestimmungsrecht der Völker, in: Simplicissimus, 18.12.1917, Jg. 22, Nr. 38, S. 477 "So hatte ich mir das nicht vorgestellt!" | © VG Bild-Kunst, Bonn 2020 Schulz, Wilhelm: Der russische Bär, in: Simplicissimus, 10.04.1917, Jg. 22, Nr. 2, S. 17 "Wenn ich der Friedenstaube nachfolge, werde ich bald festen Boden unter den Füßen haben." Petersen, Carl Olof: Der russische Bär, in: Simplicissimus, 21.08.1917, Jg. 22, Nr. 21, S. 270 "Viech, saudummes, merkst du denn noch nicht, dass wir uns bloß verständigen?"
Beschäftigt sich man genauer mit der Bärendarstellung, so fällt auf, dass sie sich im Wandel der Zeit verändert. Das ist nicht verwunderlich. Denn als Propagandainstrument zeigen die Karikaturen mit Bärendarstellungen entweder einen schwachen oder einen verletzten Bären. Nachvollziehbar, je nachdem ob die illustrierte Handlung des Bären im Interesse des Kaiserreichs ist oder nicht. Mal gibt es einen mächtigen Russischen Bären, der das verhasste Polen besiegt, zugleich wirkt der Bär sehr schwerfällig und wild und erinnert an ein Tier als an einen eigenständig handelnden Akteur. zunehmend wir der Bär positiv „besetzt“, historisch klar, fallen doch gerade im verlaufe und Ergebnis des 1. Weltkrieges kaiserliche und russische Interessen zusammen. (Beendigung Krieg an der Ostfront, Friedensvertrag Brest-Litowsk, deutsche Sorge, Amerika könnte in den Krieg zu Ungusten Deutschlands eintrete) Während vor 100 Jahren wird der russische Bär als eher tollpatschige, sich seiner eigenen Kraft nicht bewusste, wilde Kreatur dargestellt, die durch die Kontrollversuche Dritter leiden muss.
Besorgniserregend ist folgendes. Spätestens seit dem Entstehen der Sowjetunion als eigene, nicht mehr zu übersehende geopolitische Kraft mit zunehmendem Selbstverständis wird die Bärenmethapher genutzt, Russland eine animalische Aggressivität zuzuschreiben. Der Simplicissimus ider 20er Jahre teilte damals dieselbe Sorge um den Russischen Bären wie Wladimir Putin 100 Jahre später: Die permanente Gefahr der externen Einflussnahme, die auf fremden Bedürfnissen basiert, das unberechenbare Raubtier zu zähmen oder gar es in Ketten zu legen.
recherchiert von Major der NVA, Thomas Engelhardt