© NVA-Interessengemeinschaft Halle/Saale
Episoden und Geschichten
NVA - Interessengemeinschaft Halle/Saale
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„Heißer“ Sommer 1968 - Krise in der CSSR Doch dazu kam es nicht. Wir bewegten uns in Richtung Grenze CSSR. Unweit der Ortschaft Kottengrün bei Ölsnitz im Vogtland kam das Halt und die Rekogniszierung des Geländes für die Entfaltung der Nachrichtenzentrale. Walter Ulbricht hatte der NVA befohlen, nicht in die CSSR einzumarschieren. Der Stab traf kurze Zeit später ein, alle Einheiten und Truppenteile der Division bezogen ebenfalls Räume in Grenznähe. Die Division war einer sowjetischen Armee unterstellt. Im Stab arbeitete ein operative Gruppe der Armee. Ein sowjetischer Nachrichtentrupp hat innerhalb der Grenzen der Nachrichtenzentrale entfaltet Es war ein WTsch- Trupp zur Sicherstellung von Regierung- WTsch- Verbindungen zum vorgesetzten Stab und weiter. Er war aus dem Truppenteil 33500 des Stabes der GSSD zukommandiert. Infolge der von uns organisierten rückwärtigen Sicherstellung und erforderlicher Absprachen hatte sich ein vertrauensvolles Verhältnis entwickelt. Einmal konnte ich das Arbeitsbereich betreten. Dunkle Vorhänge nahmen die Sicht auf die Spezialnachrichtengeräte, wie ich heute weiß. Eine einsehbare Verbindungsübersicht an der Stirnseite öffnete meine Augen. Die Städte Moskau, Warschau, Prag und Berlin waren als Nachrichtenzentralen zu sehen. Ehrfürchtig verließ ich den Trupp, seine Bedeutung war mir richtig bewusst geworden. Sowjetische Streitkräfte in der CSSR, die 11.MSD und 7.Panzerdivison der NVA hier unmittelbar an der Grenze. Wie reagiert der Westen, die NATO ? Das politische Getöse war groß. Wird es eine unmittelbare militärische Auseinandersetzung mit der NATO geben. Wir bereiteten uns darauf vor, pro Soldat erhielt ein Kampfsatz Munition. Auf den Fahrzeugen wurden Kisten mit Handgranaten verstaut. Es folgten individuelle Einweisungen von Truppführern in spezielle Aufgaben. Spätestens jetzt wurde jedem Einzelnen der Ernst der Lage bewusst. Mancher zeigte beim Transport der Kisten Blässe im Gesicht. Angst war zu spüren. Ende August wurde gemäß Anordnung Nr. 19/ 68 des Stellvertreters des Ministers und Chef des Hauptstabes mobil gemacht, Reservisten einberufen, eine Feldpostzentrale entfaltet. In den Postämtern Plauen und Bautzen wurden militärische Postabholpunkte eingerichtet. Die Postanschrift für die Angehörigen der Division
Im Feldpostamt der 11.MSD / mit freundlicher Genehmigung Oberstleutnant a.D. Dipl.-Ing. Schulze, Friedrich
lautete ab sofort Militärpostamt 11. Die Verbindung zu den Angehörigen, Familien und Freunden war über den Weg der Feldpost hergestellt. Viele hatten seit Wochen keinen Kontakt. Pflichtbewusst und vertrauensvoll kümmerten sich die Zurückgebliebenen in den Kasernen an den Standorten der ständigen Dislozierung um die Familien der Berufssoldaten, führten Gespräche, gaben Hilfestellung, wo sie erforderlich und notwendig war. Der Westen und die NATO hat den Einmarsch zur Kenntnis genommen, außer dem üblichen Geschrei, keine Aktionen. Die Kampfsätze an Munition wurden ordnungsgemäß zurückgeführt und eingelagert. Den Berufssoldaten wurden erste Wochenendfahrten in Aussicht gestellt. Zu einem ersten Konvoi gehörte auch ich, der seit Ende Juni die Familie nicht mehr gesehen hatte. Die Freude war groß, die Stunden daheim, nur wenige waren es. Zu den Elementen der Nachrichtenzentrale des Stabes der 11. MSD gehörte ein Hubschrauberlandeplatz. Regelmäßig starteten und landeten die Hubschrauber, als Kuriermittel oder zum Transport von Stabsoffizieren oder dem Kommandeur der Division. Eines Tages herrschte am Start- und Landeplatz große Aufregung. Ein Hubschrauber mit dem Kommandeur der Division Oberst Dirwelis, Erich an Bord, war beim Start aus ca. drei Meter Höhe abgestürzt. Unverletzt und kreidebleich verließen die Passagiere den Hubschrauber. Mitte September verabschiedete ich mich im Busch von meinen Genossen. Der gemeinsame Einsatz und die zu lösenden Aufgaben haben uns stark gemacht, zusammen rücken lassen. Weniger disziplinierte Armeeangehörige in der Dienststelle boten hier das ganze Gegenteil. Das war für mich als Vorgesetzter eine neue Erfahrung. Erst in der zweiten Hälfte Oktober 1968 kehrte der Verband 11.MSD in die Standorte der ständigen Gefechtsbereitschaft zurück. Die Bevölkerung begrüßte die Einheiten und Truppenteile herzlich, dankte den Soldaten für ihren Einsatz. Keiner von ihnen hat die Staatsgrenze zur CSSR überschritten.
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