© NVA-Interessengemeinschaft Halle/Saale
Episoden und Geschichten
NVA - Interessengemeinschaft Halle/Saale
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Ein einprägsames Erlebnis Es war im März 1957 während der ersten Divisionsübung. Ich war einige Tage nicht aus den Stiefeln gekommen und hatte das Bedürfnis mich zu Waschen und ein wenig zu schlafen. Auf dem Wege zum Schützenregiment 17 lag etwas abseits des Dorfes ein Bauerngehöft, zu dem wir hinfuhren, um uns zu waschen. Der Bauer hatte gerade den Stall gesäubert und stapelte den Dung kunstgerecht auf den Misthaufen. Als er unser Fahrzeug bemerkte, hielt er mit seiner Arbeit inne und betrachtete uns mit neugierigen Blicken. Als ich aus dem Fahrzeug stieg, kam er mir entgegen und ich fragte höflich, ob ich mich an der Pumpe waschen dürfte. Offenbar erkannte er erst jetzt, daß ich Offizier war, nahm seine Mütze vom Kopf, verbeugte sich mehrmals und meinte, daß sich ein Offizier doch nicht an der Pumpe waschen müßte, das könnten die „Mannschaften“ machen. Dann rief er mit lauter Stimme nach seiner Frau, die daraufhin aus dem Stallgebäude kam und sagte zu ihr, daß sie mir eine Schüssel mit warmen Wasser geben und etwas zu Essen machen solle. Mir war die ganze Angelegenheit sehr peinlich, besonders dieses unterwürfige Verhalten des Bauern, der gut und gerne hätte mein Vater sein können und bat ihn, sich doch keine Umstände zu machen. Aber er bestand darauf und meinte, daß es doch selbstverständlich sei, einen Gast ordentlich zu bewirten. Während ich mich in der Küche wusch, briet die Frau einen großen Tiegel Spiegeleier und bestrich einen Teller voller Butterbrote. Dabei erzählte sie, daß ihr Mann im zweiten Weltkrieg auch Soldat gewesen sei und sie die gesamte Wirtschaft in dieser Zeit hätte allein besorgen müssen. Dann deckte sie den Tisch und der Mann kam mit dem Kraftfahrer in die Küche, der sich an der Pumpe auf dem Hof gewaschen hatte. Der Bauer setzte sich mit an den Tisch und erzählte, daß er bei den Pionieren gewesen sei. Seit dem ersten Tag des Krieges sei er dabei gewesen und erst 1947 aus der sowjetischen Kriegsgefangenschaft entlassen worden. Es war eine schwere Zeit, die er in seinem Leben nicht vergessen werde. Er sei heil geblieben und konnte seinen Hof wieder übernehmen. Anderen sei es schlechter ergangen, die im Krieg geblieben waren oder einen Arm oder ein Bein eingebüßt hätten. Er erzählte ununterbrochen, während wir es uns gut schmecken ließen. Auf meine Frage, was er für seine nette Bewirtung bekäme, begann er zu protestieren, ob wir ihn beleidigen wollen. Wir hätten doch nichts verlangt und er habe es gerne getan, weil er weiß, wie einem Soldaten zumute ist. Ich hatte noch zwei Schachteln Zigaretten der Marke „Turf“ in meiner Kartentasche, die ich ihm mit einem festen Händedruck als Dankeschön überreichte und wir verabschiedeten uns. Aus der unveröffentlichten autobiographischen Erzählung „Sandige Wege“ von Dieter Waldt
Salut dem Kommissar Da ich Episoden, Humoresken und Erlebnisse aus dem Leben unserer Division sammle, um sie eines Tages als kleines „Erinnerungsbüchlein“ in Druck zu geben, bat ich auch unseren ehemaligen Divisionskommandeur, Generalmajor Dr. Manfred Zeh, um einen Beitrag. Er übermittelte mir unter anderen folgendes Erlebnis: Wir hatten die Ausbildung auf der Offiziersschule der Volkspolizei im November 1951 in Prenzlau erfolgreich beendet und vor uns lag ein verdienter Kurzurlaub. Da ich das Examen mit „ausgezeichnet“ bestanden hatte, war ich zum Kommissar ernannt worden, während die anderen Offiziersschüler den Dienstgrad „Unterkommissar“ bekommen hatten. Froh gelaunt und mit stolz geschwellter Brust ging es zum Bahnhof. Unser Zug in Richtung Rostock hatte wie sooft in dieser Zeit Verspätung und wir warteten auf dem Bahnsteig. Offensichtlich hatten sich die Kameraden abgesprochen mich zu Necken oder zu ärgern, indem sie in Abständen, einer nach dem anderen. an mir vorbeigingen und jedes Mal exakt militärisch grüßten. Mir blieb nichts weiter übrig, den Gruß jeweils zu erwidern, denn wir waren ja in der Öffentlichkeit und wurden von den Leuten auf dem Bahnsteig beobachtet. Dieses Spielchen wiederholten sie noch einige Male und freuten sich diebisch über ihren gelungenen Einfall. Zu meinem Glück kam bald der Zug und befreite mich von dieser Peinlichkeit. Geärgert habe ich mich darüber nicht, weil ich wusste, dieser Spaß erfolgte aus dem Gefühl heraus, dass wir die Offiziersausbildung mit Erfolg bestanden hatten und außerdem fuhren wir ja auf Urlaub. notiert von Dieter Waldt
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