1961 nach Berlin - in die Frontstadt …
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© NVA-Interessengemeinschaft Halle/Saale
Kommandierung von der Kaderabteilung der 11.MSD zum Grundlehrgang der "Politschule der NVA"in Berlin-
Treptow. In Berlin war ich erstmals 1950 im Blauhemd der FDJ (Deutschlandtreffen), dann 1951 (III.
Weltfestspiele), in Uniform (KVP/NVA) zu den Militär-Paraden 1955, 1956 und 1957. Das waren Feiertage,
das Berliner Leben war da nicht alltäglich. Probleme des geteilte Berlins waren, bis auf das Verbot , die
westlichen Sektoren zu betreten (für uns selbstverständlich), kaum zu bemerken. Von Januar bis Oktober
1961 an der "Politschule der Nationalen Volksarmee" in Berlin (Am Treptower Park 5-8, Bild1 Kaserne)
nahmen wir Lehrgangsteilnehmer schon intensiver am Geschehen in der geteilten Stadt Berlin teil. Aber erst
später, besonders nach dem Lesen des Buches "Ohne die Mauer hätte es Krieg gegeben" von AG a.D.
Heinz Kessler und GO a.D. Fritz Streletz von 2011 (Lit.1, Bild2)), habe die Gefahren für den Frieden der
damaligen Zeit ermessen können. Klar bewiesen wird: die Maßnahmen des 13.August 1961 haben nicht nur
eine gefährliche Zuspitzung der Spannung zwischen der Sowjetunion uns den USA verhindert, sie
beseitigten auch wesentliche Ursachen der krisenhaften inneren Entwicklung der DDR in diesen
Jahren(Bild3."Kennedys Aussage").Die Politschule Berlin Treptow bestand seit 1956 und wurde 1960 in eine
Parteischule der SED umgewandelt (Bezirksparteischule gleichgestellt). Vorlesungen, Selbststudium (Bild4.),
und Seminare waren der Schwerpunkt des Ausbildungsprogramms. Positiv werte ich die gute Methodik der
Lehrveranstaltungen, die Anregungen zur Praxis der politischen Arbeit in der NVA. Die Sportausbildung
(auch teilweise als Freizeitmaßnahme) war sehr vielfältig (da war neben Spielen und Leichtathletik auch
10km-Lauf im Pländerwald dabei). Wir schlossen mit der Qualifizierung als Übungsleiter ASK ab.
Schießausbildung hatten wir bei einem Meister des Sports vom ASK-Vorwärts. Fast alle
Lehrgangsteilnehmer erreichten Note 1 beim Schießen der 1.Pistolen-Schulübung (Schießstand in der
Kaserne).
Die Vorbereitung auf die Militär-Parade erforderte für die über 100 Teilnehmer der Politschule (vorrangig
junge Offz.) im April ebenfalls große Anstrengungen (diesmal Vorbeimarsch mit Stahlhelm und ohne Waffe).
Es bestand eine Patenschaftsverbindung der Politschule mit den Elektro-Apparate-Werken Berlin- Treptow
(EAW) .Die Parteiorganisation des EAW bat deshalb unsere Schule um Unterstützung bei der
Überzeugungsarbeit einiger Kollegen, auf die Arbeit in Westberlin zu verzichten und an ihr Arbeitsplätze im
EAW zurückzukehren. Weiterhin wurden wir gebeten im Zählerbau zu helfen (Elektrozähler für die neuen
Wohnungen wurden dringend gebraucht). Unsere Versuche der Agitation mit abtrünnigen Arbeitern des
EAW, zumal wir in Uniform vor ihrer Wohnungstür erschienen, brachte keinen Erfolg. Im Westen bis zu 6x
mehr Geld zu verdienen, als im EAW war das stärkere Argument. Aber die Hilfe bei der nahezu
"Uhrmacherarbeit" bei Zusammenbau von
Elektrozählern (2 Wochen jeweils von 17:00
bis 22:00Uhr) wurde realisiert (Bild 5, EAW
bei Nacht). Es war offensichtlich: die offene
Grenze zu den Westsektoren waren das
grundsätzliche ökonomische und politische
Problem (Lit.2) In der Zeit bis zur
Grenzschließung 1961 gingen ca. 65000
Bürger der DDR täglich zur Arbeit (mit
entsprechend hohen DM Bezügen) nach
Westberlin. Weiterhin gab es das
wirtschaftlich noch schwerer wiegende
Problem der Republikflucht über Westberlin
(allein vom 02.08. - 12.08.1961 wurden
17.421 Personen im Auffanglager
Marienfelde-Westberlin registriert). Die offene
Grenze bedeutete für uns NVA-Angehörige in
Berlin: natürlich das Verbot die Westsektoren zu betreten, Ausgang nur in Uniform- möglichst in Gruppen, Vermerke im Wehrdienstausweis (besondern Quartalsstempel rot),
Verbot mit der S-Bahn durch die Westsektoren zu fahren (also Exkursion nach Potsdam mit Eisenbahn um Berlin herum). Unklar blieb wie wir uns zu uniformierten
Angehörigen der Westmächte verhalten sollten. Die subventionierten Preise für Theaterkarten (z.B.: Staatsoper, Komische Oper, Theater am Schiffsbauer-Damm) nutzen
auch zahlreiche Offiziere aus den westlichen Sektoren, man saß dann in einer Reihe, nickte sich grüßend zu (sprach aber nicht miteinander).
EAW bei Nacht